Bei schönstem Sonnenschein kamen am 18. Oktober 2024 insgesamt 66 Interessierte zur Lesung mit der Autorin Helga Schubert in die Stadtbibliothek Waren (Müritz) und füllten damit auch den letzten freien Platz.
Die diplomierte Psychologin und seit den 1960er Jahren aktive Schriftstellerin verschaffte in den zwei Stunden unzählige berührende und ermutigende Momente.
Die Autorin wurde 2020 mit dem „Ingeborg-Bachmann-Preis“ ausgezeichnet und ist seit kurzem Trägerin des Bundesverdienstkreuzes für ihre „gelebten Werte der Demokratie“.
Nach der Begrüßung aller Teilnehmenden durch die Stadtbibliothek stellte Frau Andrea Morgenstern vom Ambulanten Hospizdienst des DRK Kreisverbandes Mecklenburgische Seenplatte e. V. als Kooperationspartner der Veranstaltung die Tätigkeiten des Dienstes vor.
Die Lesung selbst begann Frau Schubert mit einer Passage auf den letzten Seiten des Buches „Der heutige Tag. Ein Stundenbuch der Liebe.“ und ehrte inhaltlich sämtliche Mitarbeiter*innen der Hospiz- und Pflegearbeit.
Völlig still und gebannt lauschten die Zuhörenden über die gesamte Lesung hin der Schriftstellerin, die entspannt gegen den Tisch gelehnt vortrug und erzählte.
Frau Schubert erklärte ihre eigene Lage mit einem zu pflegenden Partner und begründete darin die Motivation zum Verfassen des Buches. In einem Querschnitt durch das Buch folgten gelesene Abschnitte, die beispielsweise den Alltag, die Morgenroutine, Situationen beim Essen und ähnliches beschreiben. Auf sehr nahbare Art teilte die Autorin ihre Erfahrungen. Sie berichtete von erlösenden Gefühlen und besänftigende Tränen, von Dankbarkeit, Illusion, Vorleistung, Angst, Humor und Problemen bei der Suche nach Pflegevertretungen. Vielen der Zuhörer*innen war anzusehen, dass sie selbst betroffen sind und ihnen aus der Seele gesprochen wurde. Die Schriftstellerin ermahnte sie auf liebevolle Weise zum Anerkennen der Situation und zum Friedenschließen.
Es gelang Frau Schubert ein ums andere Mal, die kleinen und großen Geschichten mit Pointen zu schließen, was die Stimmung im gesamten Raum wieder auflockerte. So berichtete sie zum Beispiel von großen Erkenntnissen beim Öffnen von falsch beschrifteten Champignongläsern, die als Sinnbild für die Begrifflichkeit „Patchworkfamilie“ gesehen werden könne.
Zum Ende der ersten Hälfte der Lesung warf die Autorin die Frage auf, wie lange noch in Deutschland die Pflege von Personen, die zu Hause leben wollen, in den Händen der Angehörigen liegen muss.
In einer kurzen Unterbrechung gab Frau Schubert Buchempfehlungen und berichtete von der, für sie überraschenden Listung ihres Buches „Vom Aufstehen“ auf Platz 96 von 100 der besten Werke der deutschsprachigen Erzählliteratur seit 1924 („Der Spiegel“-Literaturkanon 2024).
Die zweite Hälfte der Lesung handelte u. a. vom Ausgleich der Kräfte, dem Entgegenkommen, von Menschlichkeit, Lebendigkeit, unendliche Liebe und Hingabe, aber auch von paranoiden Situationen und deren emotionalen Herausforderungen. Die Prämisse und das Bewusstsein „Ich könnte der Andere (zu Pflegende) sein“ legte Frau Schubert allen ans Herz.
Die Veranstaltung schloss mit Fragen aus dem begeisterten Publikum und Geplauder mit Frau Morgenstern. Im Anschluss ergatterten viele noch ein Autogramm von der Schriftstellerin.
Das Team der Stadtbibliothek Waren bedankt sich vielmals bei Frau Schubert für diese wundervolle und erhellende Lesung, sowie bei Frau Morgenstern für die Zusammenarbeit und das Ermöglichen.
„Der heutige Tag. Ein Stundenbuch der Liebe.“ und andere Titel von Helga Schubert befinden sich für alle Interessierten in unserem Leihbestand.