Wieder ein Jubiläumsjahr! Ein kleines zwar nur, ein kirchengeschichtliches, das nur die Stadt Waren an der Muritz betrifft: Im Jahr 1901 teilte sich die evangelische Kirchgemeinde Waren in die zwei Parochien St. Georgen und St. Marien, jede mit ihrem eigenen Gotteshaus. Über St. Georgen wurde schon im Heft 7 dieser Chronikreihe berichtet. Nun soll St. Marien folgen. Christen gab es im Müritzgebiet natürlich schon lange. Bereits seit der erste Ansiedler aus dem Westen des Deutschen Reiches hier im Wendenland den ersten Baum fällte, den ersten Stein setzte, war eine kleine christliche Gemeinde hier zu Hause. Wie aber ist es geschehen, dass die kleine Stadt Waren zwei ansehnliche gotische Backsteinkirchen hat? Die Stadt ist aus zwei Wohngebieten zusammengewachsen. Die Kolonisten, die eldeaufwärts ins Müritzgebiet kamen, fanden schon eine frühdeutsche Burg vor, um die herum sich eine Vorburgsiedlung gebildet hatte. Noch ehe man sich am Alten Markt die repräsentative Georgenkirche bauen konnte, hielten Christusgläubige in der Burgkapelle ihre Gottesdienste. Die aus den beiden Wohngebieten erwachsene Stadt Waren lag fast wie eine lnsel zwischen Seen und Mooren. Die Müritz im Süden und der Tiefwaren im Norden zwangen sie ein, der Westen wurde durch den flachen, aber moddrigen Herrensee vor unliebsamen Besuchern geschützt. Nur im Osten - so scheint es, wenn man vom heutigen Stadtbild ausgeht, - lag sie offen da und musste durch eine Burg gesichert werden. Doch der Schein trügt. Der sandige Hohenrücken, auf dem die Altstadt von Waren liegt, begann unter dem Alten Tor (heute Müritz-Museum) mit dem Anstieg der Mühlenstraße, trug Rathaus, Kirche, Schule, Markt, lief dann weiter nach Osten zur Burgsiedlung (heute Große Burgstraße) und endete abrupt bald hinter Burg und Marienkapelle. Ja, der Hohenrücken endete hier, auch die Burgstraße, auch die Lange Straße. Das Gelände senkte sich, man stand fast wie auf einem Steilufer, unten floss - heute kaum mehr vorstellbar - ein Gewässer: der Wallgraben. Er verband Tiefwaren und Müritz und konnte nur durch eine Brücke überquert werden. Jenseits begann ein neuer Höhenzug, auf dem wir heute den Friedhof wissen. Das also war die östliche Grenze der Stadt. Als durch Seespiegelsenkungen der Wallgraben schließlich austrocknete, der ja ebenso wie die Burg zur Stadtverteidigung nicht mehr nötig war, konnten später Häuser stehen, wo einst Kähne fuhren. Statt der Brücke verband endlich die aufgeschüttete Straße die Bürgerwohnungen mit ihrem Umland. Stehen geblieben ist durch alle Jahrhunderte das aus Feldsteinen errichtete romanische Kirchlein ,,Kapelle zu unserer lieben Frau“, einst Burgkapelle und Hofkirche, heute das Herzstück der backsteingotischen Kirche St. Marien: ihr Altarraum! Für Waren ist es das älteste erhaltene Bauwerk der Stadt. Dieser Marienkirche, ihrer Baugeschichte und ihrem Gemeindeleben, soll dieses Chronikheft dienen.